New York, London , Paris…

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Das Internet ist ein Moloch, der dich frisst, durchkaut und – wenn du Glück hast – nur wieder ausspuckt. Ansonsten kackt es dich in eine Ecke.

Und darüber kann an Tagen, an denen scheinbar nicht so alles rund läuft, der Gedanke aufkommen, dass „all diese destruktiven Zersetzer“ vielleicht doch Recht haben könnten, dass Du in deinem Tun, deinem Schaffen oder sogar in deinem Leben nichts vorzuweisen hast.

Losgelöst davon ist es eh die Frage, warum man sich überhaupt beweisen müsste, aber das ist eine andere Sache.

So passiert es also immer wieder, dass eine dahergelaufene Möchtegern-Knipspüppi aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Anfall von übersteigerter Selbstwahrnehmung meint, ohne Kenntnis von Umstand, Hintergrund oder Kenntnis nach heutiger Art und Weise sich die Welt zurechtzuignorieren.

Doch alles der Reihe nach:

Allerwelts-Plüsch-Chichi-Preset-Instagram-Bildchen-Produzentin ruft Willige auf, sich zu melden, um Hunderttausendfach abgerittene Motive abzuknipsen. Leicht humorig nahm ich Bezug auf den Umstand in der Anfrage, dass Modelle nackt sein sollten. Und das mich in dem Zusammenhang eh keiner nackt sehen wollen würde.

Sichtlich informiert durch den Blick in mein Portfolio war sie aber der Meinung, dass ich wohl doch nicht ungeeignet sei. Auch wenn ich nie bekundete, dass ich entsprechend zur Verfügung hätte stehen wollen, offenbarte sie, welchen verwaltungstechnischen Aufwand man betreiben müsse, um in den „Inner Circle of Confidence“ Überhaupt aufgenommen zu werden.

Diese völlig sinnfreie aufgeblähte Blase an Pseudowichtigkeit von Hobbydaddlern ist bisweilen hart an der Lächerlichkeit angesiedelt. Damit mag man zwar all die Taruna Chayennes und Heidruns bedrucken, die bei Instagram wegen eines bis zur Unnatürlichkeit weichgebügeltes Porträt in Ekstase verfallen. Für mich wären Sachfakten, wie Ort, Dauer und Grundidee relevant. Aber ich habe ja auch keine Ahnung, weil ich nur ein verbitterter alter links-grün versiffter impotenter arbeitsscheuer Lehrer bin, der in seinem Leben noch nie eine Kamera in der Hand hatte.

Ich könnte den digitalen Schwanzvergleich noch auf die Spitze trieben, aber ich lehne mich lieber zurück und scrolle durch die Publikationsliste meiner Sachen. Ein bisschen mich selber erden. Mir mal bewusst machen, was ich in der Vergangenheit denn so alles gewuppt habe in dem Bereich.

Da lass ich mich doch dann gerne von irgendeiner Provinz-Knipserin, die Fashion-Viking-Bilder mit irgendwelchen Hunden zum 8-Millionsten Mal durch ihre 45-fach gefilterten Photoshop-Presets würgt, bei Instagram blockieren.

Und wenn ich das dann amüsiert zur Kenntnis nehme und noch auf eine abschliessende Hater-Mail warte, in der mir offenbart wird, dass ich kindisch sei, Scheisse aussehe, von der Materie Fotografie keine Ahnung habe, weil Püppi 1 ja immerhin eine Ausbildung zur Fotografin gekauft hat und der Meinung ist, dass nur der gelernte Fotograf mit einem Jahr Berufserfahrung im Gegensatz zu jemanden der das seit 20 Jahren macht – und von dem sie nichtmal weiss, ob er nicht ebenso einen Ausbildung in dem Bereich gemacht haben könnte – genau weiss, wie die Dinge funktionieren. Oder Püppi 2 tödlichst beleidigt ist, wenn man erwähnt, dass man bei Shootings nicht vorbeikäme, von denen man nicht wüsste, ob sie überhaupt stattfänden, wenn man vorher nicht informiert werde würde. Nein, da wird auswendig gelost. Und wenn man Glück hat, ist man dabei.

Vielleicht ist das heutzutage ein Auswahlkriterium. Man muss keine Qualifikation oder ähnliches haben. Sondern das Los entscheidet, wer den Job macht.

Wenn man sich in vielen Bereichen unserer Gesellschaft und der Berufswelt umschaut, scheint das wohl genau das Schema zu sein. Vergiss die Befähigung, lass das Los und die Social Media-Dumpfbacken-Meute entscheiden.

Rege ich mich grad auf? Nein, ich möchte nur mal daran appellieren, dass es wieder normal wird, den gesunden Menschenverstand zu benutzen und den Weg zurück in die Ist-Welt zu machen, anstatt in der Instagram- oder Sonstwas-Blase zu degenerieren.

Sicher geht es um die Präsentation des eignen Schaffens. Aber sicher nicht auf Kosten der Wahrhaftigkeit. Gaukler, Möchtegerns, Marktschreier und Egomanen überfluten den Teil, in dem Leute einfach versuchen, direkt und „ungeschminkt“ ein bisschen Werbung für sich und deren Arbeit zu machen.

Nicht die Ergebnisse sind der Anlass für das Klappern im Handwerk, sondern mittlerweile nur noch der Prozess. Und der wird idealerweise abgekürzt, weil keiner sich die Mühe machen will, wirklich Kompetenzen anzusammeln.

Vielleicht haben ich deswegen gerne mit Tänzern zu tun. Denn deren Kompetenz sind das Ergebnis von jahrelanger Investition in sich selber und jeder Stümper entlarvt sich ganz schnell und von alleine bei der ersten Bewegung.

Vielleicht gehöre ich auch zu den Dinos, die aussterben mit ihrer Sichtweise und Einstellung. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Disziplin und Demut der Gunst, das tun und lernen zu dürfen, was man tut und lernt, gegenüber immer oben auf der Liste der anzustrebenden Tugenden ist. Und ich werde auch nimmer müde, all den Hauern, destruktiven Zersetzern, Menschenverächtern und Diffamieren die Stirn zu bieten.

Und damit ich mich daran erinnere, was ich bis hierher erreicht habe, blättere ich durch mein Archiv. Und geniesse.

Und ich lehne mich zurück und weiss, dass man internationale Anerkennung nicht durch Zufall erlangt. Und auch, wenn es sich an einigen Stellen anfühlte, man hätte nichts dafür getan, war es ein konsequentes Arbeiten und Verfolgen eines Zieles. Und das können mir irgendwelche Bauarbeiter, Hobbyknipser, Möchtegernmodelle oder Rechtsradikale gerne versuchen schlecht zu machen. Die Ergebnisse sind die krachende Ohrfeige für diese Neider, Hater und Saboteure.

Denn die passenden Anerkennung und Wertschätzung findet man nur in den passenden Kreisen. Also liebe talentierte Fotografen, lasst euch nicht von irgendeiner Provinz-Diva einreden, dass ihr „beweisen“ müsst, dass ihr was könnt. Hört auf die Leute, die Ahnung haben oder eifach nett sind. Und nicht auf die narzisstischen Schrumpfpimmel, die euch klein halten wollen. Und liebe Provinz-Diva, akzeptiere, wenn jemand keine Lust hat auf dich. Eine freundliche Absage ist kein Anlass, den Topf Scheisse über einen Fotografen zu entleeren.

Ach, erwähnte ich schon, dass meine Bilder in zahlreichen Galerien rund um den Globus hängen. In Valencia, Barcelona, Florenz, London, Birmingham, New York, Miami, Berlin, Paris, Stockholm, Los Angeles. Achse, die drei Bücher, die ich schrieb. Die anderen Veröffentlichungen in Fachmagazinen und Bildbänden erwähne ich auch mir mal so.

Warum dieses Schauwichsen hier? Einfach, um mir selber mal vor Augen zu führen, dass der einzige Maßstab man selber ist. In diesem Sinne, lauscht der Aussage meiner Galerie-Verbindungs-Offizierin :

Kunst – Tanz – Werk ist Körperdisziplin

Der Braunschweiger Fotograf Michael Papendieck arbeitet eng mit der Braunschweiger Tanzszene und darüber hinaus auch mit der deutschen und internationalen Tanztheaterszene zusammen.
Für den Fotografiedozenten und Berufsfotografen ist der Beginn seiner Tanzserie mit dem Buchprojekt „Braunschweig, ich tanz in dir …“ gemacht. Die Tänzer Verena Wilhelm und Christian Weiß gehören dazu und viele andere Darsteller, die er teils auf Theaterbühnen, teils im Studio oder in ihren Tanzsälen bei den Proben besucht. Zusammen erarbeitet er mit ihnen in aufwendigen Lichtinszenierungen und diversen Kompositionen von Kostümen, Tanztrikots und Accessoires wie hängenden Tüchern oder Seilen eine „fotografische Choreografie“, die im Dialog des Fotokünstlers mit den darstellenden Tänzern und in enger „Zwiesprache“ entsteht. Er verknüpft Tanzkunst und Bild, Werk und Gesamtkunstwerk und man erahnt, dass die Fotoproduktion und Inszenierung nicht selten mit musikalischen Elementen untermalt sind, die Stimmungen des Fotografen wie auch der Tänzer beflügeln und ihnen kongenial entsprechen.
Tänzerinnen sind für ihn „Modelle“ im künstlerischen Sinn, die ihre Ideen, ihr Können und ihre körperliche Dehn- und Biegsamkeit sowie die Bodyperformance mit einbringen. Bei diesem Zusammenspiel von harter Körperdisziplin, Können und Erfahrung sowie möglicher Dehnbarkeit verschiedener Tänzer ist die Leichtigkeit des Bildes entscheidend. Niemals hat man das Gefühl, dass in den fotografischen Serien von Michael Papendieck mit „Kommando malträtiert und gefordert wird“, was der darstellende Tänzer nicht bewältigen könnte. 
Mit fotografischen Perspektiven, Licht- und Fokuseffekten sowie dem gewissen Etwas aus Dauerlicht und Blitz, die Bühnenatmosphären hervorbringen bzw. einen Spot im schwarzen Dunkel setzen können, kennt er sich bestens aus.
Niemals friert er Bewegungen ein, der perfekte Moment der leichten Dehnung und Entspannung ist für ihn entscheidend und so wirken seine fotografischen Arbeiten wie ein „Zwischenbild“ aus einer anderen Zeit, die „Echtzeit“ scheint ausgesetzt, sozusagen „freigesetzt“, und die Figur schwebt im schwarzen Raum wie mitten im nächtlichen Universum. Denn selbst der Boden wird oft nur schwe-bend überquert, selten berührt und das „Abheben“ zwischen Raum und Zeit gerät zur effektvollen Dynamik in sehr eigenwilliger Sichtweise. 
Weiterhin teilt Michael Papendieck gerne seine Erfahrungen und perfektionistischen Tricks und eroberten Neuerungen mit seinen Studenten, verfasst Fotobücher, die sich wie Tagebücher und nicht etwa wie trockene Lehrwerke lesen, und lernt auch gerne von seinen Studenten als Vertretern einer aufwachsenden Generation, die sehr wohl andere Erfahrungen macht als er und ihn im ständigen Austausch mit medialen und innovativen Ideen vernetzt.

Christina Wendenburg

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