Ach, Afrika…Episode 3

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„Links fahren! Links fahren! Links fahren! „ –Mantra ähnlich vor mich hinmurmelnd fuhr ich also nun vom Flughafen weg. In Richtung Windhoek. Die ersten 40 selbstgefahrenen Kilometer auf dem afrikanischen Kontinent. Aber was soll denn nun das redundante Linksgefahre???

Ich dachte, das war mal deutsche Kolonie? Zu allem Überfluss auch noch mit einem Linkslenker im Linksverkehr. Bei Überholvorgängen dient Grad der Augenöffnung des Beifahrers als Bioindikator für die Entfernung zum Gegenverkehr. Einfach mal hinter einem LKW etwas nach rechts rüberziehen, um zu schauen, ob was von vorne kommt. Bei handtellergroßen Manga-Glupsaugen, SOFORT wieder rüberziehen, denn dann ist der „Gegner“ direkt vor einem. Spätestens beim dritten Anlauf ergibt sich der Beifahrer seinem Schicksal oder aber fällt mal wieder spontan in Ohnmacht. Aber, liebe Kinder….bitte nicht zuhause nachmachen!

Jeder, der z.B. schon mal in Italien Auto gefahren ist, weiß was der Ausspruch „Man sollte sich einen kreativen Fahrstil angewöhnen“ bedeuten kann. Hier in Namibia ist das Ganze gepaart mit der afrikanischen Gelassenheit nach dem Motto „Wenn´s mich erwischt, dann hätte es mich eh irgendwann erwischt“. Brisanter Ansatz um mit 140 km/h auf gänzlich asphaltfreien Schotterpisten durchs Gebirge zu nageln. Diverse arg verdrehte Ergebnisse innovativen Abkürzungsfahrens sieht man allerorten. Bei uns werden solche Wracks zur Abschreckung an den Wegesrand gestellt, dort bestätigt es einem, dass andere noch mehr Pech als man selber hatten und das Ganze damit halb so wild ist.

Und so gondelt man durchs Khomas Hochland in Richtung Hauptstadt und stellt dort bereits fest, dass hier ´ne unheimlich Menge Landschaft in der Gegend rumliegt. Und ´ne Menge haarige Verwandtschaft. Was man anfänglich eher als drolliges Begrüßungskomitee deutet, stellt sich spätestens nach einem unüberlegten Stopp am Straßenrand als Busch-Guerilla in Form von Schäferhund großen Pavianen heraus. Ohne viel vorweg zu nehmen, empfehle ich jedem ernsthaft, der verschlagen dreinblickenden Primaten-Mischpoche einfach weiträumig aus dem Weg zu gehen. Nicht nur, dass sie NATÜRLICH mit 20 „Mann“ anrücken, die sich scheinbar aus dem Nichts zwischen dem hüfthohen Buschgras materialisieren zu scheinen, nein, sie sind auch irgendwie immer hinter einem. Und neben einem. Ach ja, und vor einem. Und sagte ich schon, dass sie auch auf einem sein können? Naja….das ist ´ne Geschichte für später, aber mit dem „Völkchen“ kann man seinen Spaß haben. Insofern man auf ca. 50 Kg geballte Affenpower gespickt mit ca. 5 bis 8 cm langen Eckzähnen steht.

Ähnlich Testosteron geschwängertem Auftreten, allerdings noch unangenehmer bewaffnet, begegnet einem spätestens an dem ersten Road-Block, wenn man sich dann dazu entschieden hat, nicht mehr Slalom zwischen den verlausten Rotarsch-Piraten zu fahren, sondern wie alle Ortskundigen, einfach mit 80, 90 auf sie zuhält und nicht mal andeutungsweise den Versuch unternimmt, ihnen auszuweichen. Die gehen schon beiseite. „Wenn´s mich erwischt, dann hätte es mich eh irgendwann erwischt“. Sie erinnern sich?

„Road Block?“, fragen sie? An jeder Einfallsstraße von Windhoek sind Straßensperren mit Kontrollstellen eingerichtet. Erwähnte ich schon, dass der Namibianer an sich, Schalteratmosphäre liebt? Selbst mitten im Busch. Da dachte man schon, der Amtsschimmel wiehert bei uns schon laut. Hier hat sich dank deutscher Kolonialzeit, gefolgt vom Britischen Empire der Bürokratismus zu absoluter Reinerbigkeit durchgemendelt. Und so springt ein in eine wie aus dem Kostümverleih für Polizei-Fetisch-Parties geklaute Uniform gehüllter, ziemlich düster wirkender Staatsdiener unter seinem Sonnenschirm hervor, die Kalaschnikow dekorativ um den Hals baumelnd, um einen zu einer Vollbremsung zu zwingen.

Hier galt es im Übrigen nicht nach dem oben beschriebenen Verfahren Slalom zu fahren oder gar draufzuhalten. Der Mann ginge vielleicht beiseite, aber eine durchsiebte Heckscheibe ist einem mehr als sicher.

Also hält man artig an und erntet schon gleich wieder einen demonstrativ zur Schau gestellten angepissten Blick, weil der Kontrollierende, um dem zu Kontrollierenden einer Kontrolle zu unterziehen, nicht von der angestammten und korrekten Seite des Fahrzeuges – nämlich von rechts –seine Kontrolle durchführen kann, sondern erst einmal mit dem Vorwurf der Majestätsbeleiding im Gesicht um besagten falsch gelenkten Kontrollkörper herum schreiten muss. Und dann hat man schon den „Netten“ erwischt. Normalerweise lässt sich dort niemand dazu herab und man muss umständlich die Scheibe auf der Beifahrerseite herunterzwirbeln. Gestaltet sich bei einem raumgreifenden Wagen mit etwas anderen Innendimensionen etwas akrobatisch, vor allem man währenddessen versucht, den einen Fuß auf der Kupplung und den anderen auf der Bremse zu lassen. 

Der Kritiker mag jetzt meinen, dass das in der Tat mehr als umständlich ist. Das mag von außen betrachtet auch so erscheinen. Motor ausmachen, abschnallen, sich rüberbeugen usw. erschiene angemessen. Ja, sicherlich, ABER! Motor ausmachen ist in dem Zusammenhang ein absolutes NO GO. Da sind die Jungs irgendwie empfindlich. Denn dann kommt nämlich der zweite dazu und der zeugt einem, dass die Plempe, die sie umhängen haben, nicht nur zu Deko gedacht ist. Man mag mich Weichei nennen, aber in Angesicht eines auf mich gerichteten MP-Laufes bin selbst ich ein wenig nervöser als sonst.

Da nützt auch der Kasper, den die Jungs manchmal gefrühstückt hatten, nichts im Sinne einer kleinen Demonstration schwarzen Humors. Seltsamerweise antwortet man mehr als wahrheitsgemäß auf seine Frage „Where are you from, Mister?“…Im Englisch-Unterricht der Orientierungsstufe ins Mittelhirn gebrannt, antwortet man also…Na, was wohl?

„From Germany.“ Augenbrauen schnelle hoch, und ein vorahnungsbehaftetes Breitgrinsen sucht sich den Weg durch das doch recht umfassend sonnengebräunte Gesicht meines Gegenübers. „Ahhh….I see…you drove with that car the whole way from Germany to Windhoek?“ Erstes dümmliches Gekicher der YMCA-Cops schwappt in mein Auto. Sichtlich mit der Fassung kämpfend wiederholt er glucksend die Frage, die – nun habe ich es dann auch mit geschnitten – meinte, aus welcher Richtung ich komme.

Und da war dann wieder dieser kleine Dämon in meinem Kopf. Triumphierend drehte ich mich um und deutete die Straße entlang. „From there!“ Grinsend schaute ich ihm direkt in die Augen. Und bereute es augenblicklich. Never ever einem Vertreter einer namibianischen Behörde als Weißkäse in die Augen schauen. Provokation ist das harmloseste als was man das definieren könnte.

Ich weiß nicht, welche inneren Selbstkontrollfunktionen bei ihm erbitterte Kämpfe ausführten, aber ein minimales seitliches Rucken des Kopfes bedeutete mir, dass ich am besten meinen Aggregatszustand SOFORT wechseln und ich verduften soll.

Man muss auf die Details achten. Das lernt man schnell dabei und binnen Sekunden drosch ich die Schüssel die Straße entlang. 

Ich bilde mir ein, dass der Cop von Fliegen oder so belästigt wurde. Denn anders konnte ich mir diese Bewegung nicht erklären, wo er seine flache Hand vorm Gesicht wischend auf und ab bewegte. Naja, immerhin haben sie nicht geschossen. Und so erreichte ich triefnass geschwitzt die Stadt, in der der erste Auftrag lautete, ein angemessenes Auto für den Hardcore-Einsatz im Busch zu organisieren.

Doch das ist eine eigne Geschichte wert.

To be continued…

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