Heute mal ein Thema, dass im Wesentlich nur eines zeigt. Nämlich die dunklen Abgründe des menschlichen Daseins. Denn irgendwie scheint der Umstand, dass ein Mensch von einem anderen Mensch ein Foto macht, ganz archaische Reiz-Reaktions-Mechanismen wachzurufen. Mir als Verhaltensbiologe fallen da ziemlich deutliche Parallelen zu unseren waldbewohnenden Cousins auf dem afrikanischen Kontinent ein. Aber wir wollen ja nicht abschweifen.
„Wenn meine Alte das machen würde, könnte die Schlampe gleich die Koffer packen!“
Einer der Sätze, die ich immer wieder mal zu hören bekam, wenn es um das Thema Aktfotografie ging.
Darauf hingewiesen, dass Herr X gerade über seine Freundin/Frau spricht, wenn er sagt „Alte“ und „Schlampe“, kam nur der Gesichtsausdruck eines Wombats, wenn man ihm zu erklären versucht, dass ein Koala auch ein Beuteltier sei.
Dass die Mädels, die er sich anschaut, ja auch die Freundin/Frau eines anderen sein könnten, ist dann auch eine Frage, die immer gleich beantwortet wurde. „Meine Frau würde das nie machen, denn das verbiete ich ihr! Die Weiber im Internet sind eh alles Schlampen!“.
Besonders brisantes und pikantes Detail dabei . Die Freundin des gerade so blumig und eloquent formulierenden Vertreters des antiquierten Höhlenmenschverhaltens, sitzt mit am Tisch und kaut sich, halb fassungslos, halb (noch) amüsiert, die Lippe kaputt.
Doch was war geschehen?
Besagte Dame war zwei Wochen vorher bei mir im Studio. Um nämlich für ihren „Schatzi“, als besonderes Geburtstagsgeschenk, Fotos von sich anfertigen zu lassen. Ihr ahnt es schon. Nicht einfach nur ein paar Porträts. Nein, die Lady wollte es „Ärroddisch!“.
Kleiner Einwurf an dieser Stelle. Liebe Damen, wenn ihr die Fotos nicht für EUCH macht, dann lasst es einfach! Mit allem anderen holt ihr euch nur die Pest ins Haus.
Nun, wie gesagt, es sollte erotische Fotografie werden. An der Stelle sei auch vermerkt, dass eben besagte Erotik im Auge des Betrachters liegt und Frauen tatsächlich glauben, zu wissen was Männer erotisch finden. So kommen die Damen mit Vorlagen ….sowieso schon ein rotes Tuch bei mir…. ums Eck, von denen sie glauben, dass ihre Männer das „hot“ fänden.
Eine soziologische Untersuchung hat im Übrigen ergeben, dass wenn Frauen sich selber fotografieren, mit dem „Auftrag“ erotisch zu sein, nicht ihre Sicht der Dinge in den Bildern zu finden ist, sondern Seherwartungen erfüllt werden. Sprich Frau glaubt, Erfüllungsgehilfe sein zu müssen. Ein spannendes Thema, aber dazu vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt mal mehr.
Nun war diese Dame eine der Ausnahmen, die sich da schon gedanklich damit befasst hatte. Und eben Bilder wollte, in denen sie so zu sehen war, wie ein Mann es erotisch fänd, und nicht die Art Bilder , von denen SIE dachte, dass Männer denken, es sei erotisch. Verwirrend.
Aber im Ergebnis so, dass sie mich bat, sie so zu fotografieren, wie ICH sie als erotisch empfände. In der Tat schon eine der persönliche Anforderung, aber „Challenge is accepted!“. Und nach den ersten paar Bildern, auf die sie einen Blick warf, war der Pfad beschritten, dass die Bilder nun doch für sie waren. Und eben nicht für „Schatzi“. Und mir war klar : „Das riecht nach Löwe, Buana!“
Nun konnte ich den Herren nicht einschätzen, wie er in letzter Instanz nun wirklich auf die ihm präsentierten Bilder reagieren würde. Lustigerweise reagieren die Beschenkten mit positiven Kopfkino, wenn ihre Herzallerliebste sagt, dass es eine FotografIN war.
Hat ein Unwürdiger die Schätze seiner Dame offensichtlich zu Gesicht bekommen, da sieht das NATÜRLICH ganz anders aus. Das geht dann mal gar nicht. In der Sauna zusammen rumsitzen, aber wenn der böse Knipser mit der Kamera kommt, dann entwicklen manche Jungs echte archaische Besitzansprüche der vermeintlichen Konkurrenz gegenüber. Ist ja auch ´ne Frechheit. Er musste mit ihr wochenlang ausgehen, spendabel, eloquent, distinguiert und romantisch sein. Und der dämliche Fotograf schnippst mit dem AUslöse-Finger und bekommt alles frei Haus. SKANDAL!
Aber zurück zu unserem Pärchen. Wo er sich gerade auf Drehzahl brachte. und nicht merkte, dass er dabei war, sich eigentlich um Kopf und Kragen zu reden. Denn mit jedem Satz, der aus dem Horn „Meine-Frau-ist-mein-Besitz-Horn“ schmetterte, wurden die Falte zwischen ihren Augenbrauen immer tiefer. Und wenn Frauen mit den Augenbrauen reden, wird es meist ernst.
Was es mich anging? Nun ja, die beiden waren Freunde von mir, und so versuchte ich, das Thema zu wechseln. Ohne Erfolg allerdings. Hatte Herr X meine Bilder immer mit großem Interesse betrachtet, war ihm ja klar, wie diese Bilder zustande kamen. Nur ging das in seiner Welt eben nicht mit seiner Freundin. Jetzt könnte ich an der Stelle sagen, dass das ausschließlich eine private Sache von den beiden war, aber irgendwie saß ich unmittelbar und ungewollt mit im Boot. Aber putzigerweise nicht als der, der solche Fotos macht, sondern als der Kumpel, mit dem er eben über dieses Thema freidrehen wollte.
Die hier mitlesenden Damen werden jetzt wahrscheinlich sagen, dass sie sich definitiv zu Wort gemeldet hätten, mit „SO EINEM“ nicht zusammen wären usw, usw. Aber mal Hand aufs Herz. Wer kennt es nicht, diese Situation oder diese Umstände, in denen man selber ist, aber wenn es andere sind, hat man immer die Lösung oder Antwort parat. Also backen wir mal alle kleine Brötchen und hören weiter aufmerksam zu.
Er, mittlerweile sichtlich in Rage, ignorierte ihre Anwesenheit und die Möglichkeit der Nachfrage bzgl. ihrer Meinung zu dem Thema. Immer mehr zeichnete er ein Bild von sich, sodass bei ihr im Hirn spontan ähnlich viele parallel Rechenoperationen wie bei einem der Computer bei der Mondlandung abgespult worden.
Kleiner Spoiler. Da ich mit ihr später mal über diese Situation sprach, weiss ich, was sie dachte. Und heute kenne ich das Ergebnis der Überlegungen. Doch ich greife vor.
Es passierte also das denkbar gefährlichste für einen Mann, nämlich dass Frau NICHTS dazu sagt, was man gerade im eignen Tunnel so alles für vernichtendes Zeug von sich gibt. Und jede hier mitlesende Dame weiß,, was die logische Konsequenz dieser Sache sein wird.
So entschied sie sich, trotz seiner Brüllaffenartigen Performance, ihm an seinem Geburtstag die Ergebnisse der „ich mache das alles für Dich, mein Schatzi“-Fotosession zu präsentieren. Mit dem zu erwartenden Ergebnis. Selber Schuld, mögen einige denken. Die Dame betrachtete es eher unter dem Blickwinkel : „Mal schauen, ob er es wirklich so meinte oder ich daneben liege, wenn ich denke, dass er doch ausrastet.“
Und – natürlich – flippte er aus. Ohne viele Eskalationsstufen war er direkt im Berserker-Modus und zerriß das aufwendig gestaltete Fotobuch und er verzierte ihr Gesicht mit einem Veilchen, dass an intensivem Lila später schwer zu toppen war.
Bevor jetzt die allgegenwärtigen Klugscheisser um die Ecke kommen, die meinen, dass da ja dann eh schon was im Argen gewesen sei. sie selber Schuld sei, wenn sie mit so jemandem zusammen sei usw. usw. hier mein Tipp :
Einfach still sein und mal GANZ genau und dringend hinschauen, ob es vor der eigenen Türe nicht etwas zu kehren gibt!
Long story short. Noch am gleichen Abend packte sie kommentarlos ihre Sachen, den Hund, das Kind und ward (für ihn) nimmer mehr gesehen.
Fazit für mich als Fotograf:
Gerade das Thema Aktfotografie hat einen besonderen Level der Interaktion und zieht einige Dinge im Umfeld nach sich. Mir hatte mal eine andere junge Dame, der es ähnlich erging, gesagt, die Entscheidung , diese Fotos von sich machen zu lassen, und eben genau bei einem männlichen Fotografen, war das Intitiat für eine persönliche Weiterentwicklung.
Ich weiss, das klingt jetzt alles unheimlich Eso, aber für viele ist das Ganze ein Art Katalysator von Prozessen, die im Leben eh ablaufen. So aber dann beschleunigt und gelenkt werden.
So war ein Aktshooting Anlass für Trennungen. Oder eine Trennung war der Anlass für das Shooting. Das oft – und auch etwas abgerittene Zu-sich-Selber-finden, Selbstwert erkennen und sich selbst etwas wert zu sein, sich blank und bloß und ungeschützt jemandem in die Augen zu begeben, macht für jemandem etwas. Und mit jemandem.
Davon quasi Zeuge zu sein bzw. seinen Anteil daran zu haben, ist schon ganz besonders und ich bin in der Rückschau dankbar, dass bisweilen völlig fremde Menschen mir das zutrauten.
Auch wenn ich in einem Fall, die Konsequenzen gerne in etwas unaufgeregter Form gehabt hätte. Denn einen Steroidgeblähten Schwarzgurt- Gorilla nachts vor der Tür stehen zu haben ist etwas,, das mich nicht mit Amüsement reagieren ließ.
Aber auch in dem Fall nützte es ihm nichts, denn als er wieder zuhause war, war seine neue Exfrau mit den Kindern und den Haustieren verschwunden.
Der speziellste Vertreter war der „Typ“, der sich geprellt und um seinen „Besitz“ gebracht sah, und nach der Trennung in Zusammenarbeit mit seiner neu hinmanipulierten Fotografen-Freundin soviel kriminelle Energie aufbrachte, meinen Account in einer Fotocommunity zu hacken, um dort von mir nicht fotografierte Bilder hochzuladen, um sie gleich als Urheberrechtsverletzung anzuzeigen. Kostete mich knapp 2000 Euro und alles Geschick meines Medienanwaltes half nichts.
Warum ich das weiss, dass er es war? Weil er sich anderer Stelle damit brüstete. Seitdem gehört er, wie eine kleine Handvoll Leute bei mir in die Kategorie „Der wird nicht mal angepisst, wenn er brennt“. Aber wie tief muss die Schmach gesessen haben, dass man soviel Niedertracht und destruktive Motivation aufbringt? Da ist Arschloch keine Beleidigung, sondern eine Diagnose.
Den Typen, der mir den Motorradfahrer-Verein, der nach himmlischen Wesen mit Fegefeuer-geheizter Kellergeschossherkunft klingt, hetzen wollte, erwähne ich nur noch kurz.
Versöhnlicher Nachtrag an dieser Stelle. So kam einst eine frisch verlassene junge Dame zu mir, lieferte uns erstaunlich extravagante Bilder, verschwand aus meinem Alltag, nur um Jahre später darum zu bitten , ihre Hochzeit zu fotografieren. Besagter Ehemann nahm mich bei der Hochzeit beiseite und dankte mir von ganzen Herzen, denn die Fotos, die ich mit ihr „damals“ machte, waren der Anlass, dass diese beiden sich kennengelernt hatten.
Yeah! Meine Fotos haben Menschen zusammengebracht! Ich bin ein verdammter Zauberer!
In diesem Sinne. Seid wertschätzend aufeinander1