Mach mal die Beine breit…

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Da denkst Du, Du hast schon alles erlebt, da kommt einer um die Ecke, und setzt noch einen drauf. Was uns – also mir und meinen lieben Kolleginnen vor der Kamera – bisweilen dargeboten wurde, liest sich eher nach ausgedachter Effekthascherei. Aber ich versichere an Eides statt, dass es sich genau so zugetragen hat.

Deshalb hier meine/unsere Top 5 der absurdesten Momente bei einem Aktfoto-Workshop.

Vorangeschickt sei, dass es bei den Workshops thematisch um das Genre Aktfotografie ging. Damit lässt sich auch schon spekulieren, dass es alleine deswegen schon Anlass zu allerlei munteren Meinungsäußerungen und Verhaltensentgleisungen geben könnte.

Warum, fragst Du? Nur weil das Modell unter Umständen leicht bis gar nicht bekleidet ist? Grundsätzlich nichts erwähnenswertes. Bei einigen Zeitgenossen löst das aber seltsamste Dinge aus. Und damit sind nicht unmittelbare Reaktionen auf einen unbekleideten menschlichen Körper gemeint. Doch alles hübsch der Reihe nach.

Platz 5 : Der Materialsportler

Klassischer Vertreter seiner Zunft, der mit Equipment, preistechnisch weit im 5-stelligen Bereich angesiedelt, aufläuft, und damit meint, dass Modell beeindrucken zu können. Oder zu müssen. Dass er das meint, liegt vornehmlich dran, dass er Modelle, insbesondere Aktmodelle, für etwas einfältig hält und mit jovialer Daddy-Attitüde „alles klar macht“. Betont aber in der Vorstellungsrunde, dass seine größte Achillesferse die Kommunikation mit dem Modell sei und damit die Schwierigkeit der Anleitung desselbigen bestünde. Und natürlich „seit neulich“ gesteigertes Interesse am Thema Aktfotografie entwickelte, da er bisher nur Landschaftsfotos gemacht hatte.

So ausgestattet mit einem Schrumpfpenis kompensierenden Kraftfahrzeug aus Zuffenhausen stellt der fotografische Fuhrpark die logische Fortsetzung des Kompensationsprogrammes dar.

An der Stelle sei vermerkt – für diejenigen, die sich etwas unsicher sind – dass der Besitz eines 800-Millimeter-Glaskolbens mit astronomischer Lichtstärke und Preisgestaltung wohl ein Garant für zwischenmenschlichen Austausch und als Basis einer langwährenden fotografischen Zusammenarbeit galt. Mit anderen Worten. Nun weiss ich, warum es bei mir mit der Fotografie in dem Genre nie so gezündet hat und meine Bilder in der optischen Bedeutungslosigkeit versauern. Ich habe halt so eine Scherbe nicht.

Das ganze Besteck aufgefahren, doch so recht zünden will es denn dann doch nicht nach den ersten Probeaufnahmen. Glücklicher Umstand zu dem Zeitpunkt . Das Fotostudio, in dem wir unsere Workshops gaben bot eine ausreichende Raumlänge, sodass man mit einem 600-Millimeter-Objektiv natürlich der King am Wasserloch war. So im Kopf unseres Prachtexemplars.

Erste Bilder gemacht. Alles Kernschrott. Und das ist dann der andere Wesenszug des Materialsportlers. Es liegt natürlich nicht an ihm. Sondern? Ja, richtig, am Dozenten. Und am Equipment. Wer menschenscheu ist, nimmt so eine Linse, mit der man in der Savanne bis in die nächste Klimazone fotografieren könnte. Das Modell bekommt keinerlei Idee davon, wo der Knipser gerade hinzielt, und da ihm ja Kommunikation etwas abgeht, teilt er sich auch nicht mit.

Was in der Regel immer dazu führte, dass diese „Jungs“ ab der Hälfte eines Workshops kommunikationsverweigernd , verschanzt hinter dem Berg an mitgeschleifter Technik und kopfschüttelnd mit sich selber redend am neuesten Laptop saßen und sich selber – wie wohl überall anders auch – von der Gelegenheit ausschlossen, durch Austausch und Neugierde ihren Horizont sinnvoll zu erweitern und die eigenen Lernqualität zu steigern.

Damit direkt zu Platz 4 : Der Brunnenvergifter

Fotografisch nicht so ungeschickt mit einem gewissen künstlerischen Anspruch, aber kleben geblieben in dem Bereich, wo die Ergebnisse durch die vorangegangen mannigfaltigen immer gleichen Wiederholungen grundsätzlich lehrbuchartig korrekt sind. Aber eben dadurch so spannend wie Ostseeküste Dänemarks im November.

Ausgestattet also mit einem gewissen technischen Know-How, aber eben „NUR“ ein Handwerker ohne den Esprit eines Künstlers. So formulierte es mal ein Teilnehmer der besonderen Art. Beruflich als Zeichner in der Welt des erotischen Erwachsenen-Comics etabliert, war dieser eine unwahrscheinliche Bereicherung unserer Workshops. Fotografisch eine Luftpumpe, wie er sich selber vorstellte, aber ein großartiger Komponist von Bildern aus dem Nichts. Er kam also lediglich dazu, um die Gelegenheit zu nutzen, sich Vorlagen für seine Comics zu fotografieren. Anatomisches Sammelalbum, wie er es immer nannte. Ein sehr eloquenter Herr mit einer blumigen Phantasie und sehr interessiert am Austausch über allerlei Themen.

Und warum nun „Brunnenvergifter“? Weil so ein Teilnehmer – wie gesagt nicht ganz unbelesen und ungeschickt im Umgang mit dem „Werkzeug“ – eben basierend auf seinem „Fachwissen“, mit jedem Satz immer ein Fragezeichen platziert. Sicher ist das Prinzip der Frage ein wohletabliertes, aber die Intention der Frage ist die entscheidende dabei. Denn dieser „Fachmann“ platzierte seine Frage nicht zum Zugewinn, sondern aus der Motivation heraus, alles in Frage zu stellen, was er hört und so nicht in den vielen Büchern steht, die er schon gelesen hatte. Und durch diese ätzenden provokanten Fragen, die darauf abzielen, die Kompetenzen und Kreativität anderer im Keim zu ersticken bzw. herabzuwürdigen.

„Also im Buch von XYZ steht aber, dass ein Histogramm im Bereich vom Gegen-Spiegel-Peak und anaspirillen elkontoprieben Vordergrundspakolaxienmandrubels nur dann als korrekt gelten, wenn der Quadrupelkonsenquentor geteilt durch den Paralaxantangens des Farbwertes und durch die Quersumme der Schuhgröße des Modells bei Vollmond zu teilen geht und eine Zahl zwischen 1,965 und 13,4 ergibt. Dies gilt wiederum nur bei Nikon ……aber Du benutzt ja NUR Canon….“

Kommen wir zu Platz 3 : Der Sugar-Daddy

Joviale Attitüde mit leicht schmierigen Grundverhalten, bei dem Bemerkungen unterhalb der Gürtellinie im gleichen Moment nach Aussprache und Reaktion des Modells als „Das war nur n Witz, Schätzchen“ abgemildert wird.

„Har, har, har, wieso, ist doch ein Aktworkshop, da kann man doch mal ´nen Kompliment für den kleinen Zuckerarsch machen, meine Kleine.“

So hat am Ende des Tages das Modell alle klischeehaften Kosenamen zu hören bekommen. Die Benennung sämtlicher Körperteile erfolgte natürlich auch im lupenreinen Sabber-Bagger-Ton. Allerdings gibt es auch immer diesen einen Punkt, an dem diese aufgesetzte Wonnigkeit jäh ins Gegenteil umschlägt. Dann, wenn das Modell mit einem Satz klar macht, dass sie auf diese Anspielungen, frauenverachtenden und sexuell übergriffigen Wortspiele einfach keine Lust hat.

Und das ist dann immer der Punkt, wo dem Sugar-Daddy einfällt, dass er Geld wie Heu hat und jetzt genug gesehen hat. Seine Sachen packt und nach der Hälfte des Workshops vom Hof reitet.

Für immer auf Platz 2 : Der Experimentator

Es gibt ihn immer wieder, den Teilnehmer, der im Vorfeld ganz viele und bisweilen auch sehr skurrile Vorüberlegungen angestellt hat. Von selbstgebastelten Accessoires bis hin zu einem Reisekoffer voll Sexspielzeug.

So präsentierte einst ein älterer, sehr sympathischer Herr mit munterem Interesse an der Thematik seine Idee aus dem Bereich der erotischen Betrachtungsweisen. Die Grenze zwischen Aktfotografie und erotisch motivierter Betrachtung obliegt jedem selber. Fotografisch ist das aber deutlich getrennt. Für ihn aber nur logische Konsequenz, dass er , wenn er denn schon so eine aparte junge Dame, die locker seine Enkelin hätte sein können, um einen persönlichen fotografischen Gefallen bitten könnte.

Ein Baseballschläger-großer Gummipenis, der eingeführt , im Bild eine ekstatische Szene nachstellen sollten. Spontane Reaktion des Modells war:

„Achtu heilige Scheisse, wer bitte kann sich so ein Monster reinschieben???“ untermalt mit herzhaftem und tränentreibendem Gelächter.

Der vermeintlich positiven Reaktion ableitend, fragte er freudestrahlend und erwartungsfroh mit einer Jahrespackung Gleitgel in der Hand, ob das ein Ja bedeutete.

Die Antwort lautete Nein, danke, das macht mir Angst. Angst wegen der Größe. Und Angst, dass ich den Eindruck vermittelt habe, dass man mich so etwas fragen könnte“,

Was er zum Anlass nahm, sich nett zu bedanken und anzubieten, wenn sie Interesse hätte, ihr auch allerhand andere Sexspielzeuge zu besorgen, sollte sie Interesse haben. Sprach´s , räumte den Koffer wieder ein , und blickte erwartungsfroh in die schockierte Runde, darauf wartend, dass der Workshop einfach weiter ging. Für ihn sichtlich eine Frage, wie die nach der Uhrzeit. Bei uns für immer DER Klassiker.

Auf Platz 1 und der unangenehmste Fall : Der Pseudo-Macho-Mister-Hyde

So ein klassischer Macher-Typ. Kommt en bisschen so rüber wie jemand, der eine Mission hat und dieses Ziel dank eiserner Disziplin und jahrelanger Askese verfolgt. Wortgewand und schon im Ansatz ein Gentleman , um beim Modell Vertrauen zu ergaunern. Gleich mit privaten Themen kommend, seine Mission vorbereitet. Beim Präsentieren seiner Idee räumt er natürlich ein, dass seine Werke ja nur amateurhaft sind. „Fishing for Compliments“ in bester Ausführung. Aber hier blitzt dann schon bei Dr. Jeckyll der Mister Hyde auf. Indem er , obwohl das Modell neben ihm steht, mit mir über sie spricht und fragt, was „sie so alles macht vor der Kamera“. Und den fragenden Blick des Modells dabei gänzlich ignoriert und mit dem Schema „Eingeschnappte Leberwurst“ reagiert, wenn sie ihn in seiner Rede unterbricht, um ihm mitzuteilen, dass sie neben ihm steht.

„Ich unterhalte mich gerade, wie du siehst! Und wenn ich das hier bezahle, dann machst du, was ich sage. Ich bin der Fotograf!“

Schneller kann man sich bei einem Workshop bei mir nicht ins Aus schiessen und bekommt den Weg aus dem Studio gezeigt.

Lückenlos reiht sich dabei noch ein :

„Was soll denn der Mist, die ist ja schwanger!“

„Ich werde sicher keinen nackten Mann fotografieren, Ich bin ja nicht schwul!“

„Stimmt das, dass du manchen Fotografen einen bläst vorm Shooting?“

„Mach mal den Bademantel auf! Ich will sehen wie du nackt ausschaust!“

„Ich finde Schamhaare widerlich. Warum hast du keine rasierte Muschi?“

„Da du gemachte Titten hast, werde ich keine Fotos machen!“

„Wenn ich vorher nicht weiss, wer das Modell ist, werde ich nicht teilnehmen.!“

„In der Beschreibung steht Aktworkshop. Warum hat sie noch was an?“

„Ich filme hier (Das Modell nackt von hinten, gebückt) nur so nebenbei für ein Independent-Video-Projekt“

„Mach mal die Beine breit, Finger rein und schau, als wenn du einen Orgasmus hast!“

„Streck den Arsch zu mir raus und zieh die Backen auseinander. Ist sowie im Schatten.“

*Mit anderen Fotografen machst du ganz andere Bilder, warum stellst du dich jetzt so an?“

Im Allgemeinen wurden generell so manche Besonderheit beim Modell kommentiert oder völlig ohne jede Denkhürde Gedanken veräußert, die unter der Überschrift „Das hat er/sie jetzt nicht wirklich so gesagt?“ passen würden. Als kleine würzige Randnotiz sei vermerkt, dass auch Fotografinnen schon mal deutlich daneben lagen. Also nicht neben dem Modell. Sondern in Sachen Verhalten.

Aber! Eine teilnehmende Fotografin war so schnell aus den Klamotten und lieferte eine ebenbürtige Performance, dass selbst ich überrascht war. Es gibt ja auch positives zu berichten.

Aber zurück zu der Dame, die daneben lag. Aus der Selbstverständlichkeit der Gleichgeschlechtlichkeit rekrutierte sie ihre Erlaubnis, an dem Modell herumzubiegen, anzufassen und sie recht herrisch herumzukommandieren. Nach meiner gezogenen Handbremse eskalierte das recht unangenehm. Und ich wusste, dass im Nachgang in den Social Media von der Dame rosenkriegsähnliche Diffamierungen losgetreten wurden. Die Sache mit der Rache der Verschmähten und so. Kennt man ja.

Kurz noch zum Thema „Mit anderen Fotografen machst Du ganz andere Sachen!“

Ja, das macht die Dame. Und warum? Weil SIE entscheidet, was mit wem und warum. Und bei einem Workshop, der sich mit Lichtsetzung, Posing, Bildsprache und Komposition beschäftigt, mit 6 Teilnehmern und eben einfach weil es ein Workshop zum kreativen Ausprobieren ist, findet eben kein Shooting statt. Sondern ein Workshop. Achso, ja, erwähnte ich ja bereits.

Man möge mich korrigieren, aber man sieht den Unterschied, denke ich. Links Workshop-Lichttest. Rechts vom Modell gewünschte Thematik im Rahmen eines Shootings.

Links Aktfotografie. Rechts gesendete erotische Botschaft. Links unpersönlich zeitlos. Rechts individuell und wirkungsorientiert. Wer links will, kommt zum Workshop. Wer rechts will, muss sich leider ganz persönlich einen Termin bei einer passenden Dame organisieren.

Über Sinn oder Unsinn von sexuell motivierter Fotografie lässt sich vortrefflich streiten. Aber das mag ein jeder für sich und mit den entsprechenden Diskussionspartnern tun.

In diesem Sinne. Bleibt neugierig und zugewandt!

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